Weitere Details zum Vergabe-Skandal der neuen .de Domains
03.11.2009 12:00 von admin | 0 Kommentare & Verweise | 3879 Views
In den letzten Tagen wurden weitere Details zum Vergabe-Skandal der neuen ".de Kurz-Domains" bekannt. So berichtet heise.de abermals über Ungereimtheiten, Merkwürdigkeiten und Streitereien im Zuge der de facto unfairen Vergabe der neuen Domains. Im Forum von consultdomain diskutieren die User über die Vergabe und bringen weitere Details zu Tage. Basic Thinking berichtet ferner von relevanten technischen Problemen die bei der Vergabe hinzugekommen sind und in einem internen Papier der Denic wiederzufinden sind. domainskandal.de bringt es letztendlich mit der Beschreibung "undurchsichtige Vetternwirtschaft" auf den Punkt und beschreibt in einem weiteren Beitrag korrekt und plastisch die wettbewerbsverzerrende Wirkung der Pool-Bildung bei der jüngsten Vergabe, die jedoch nur eine Facette in dieser Farce darstellt. Die nun bekanntgewordenen Details sind nur die Spitze des Eisbergs und für sich alleine schon Grund genug die Vergabe komplett und transparent zu untersuchen und am Ende die notwendigen Konsequenzen aus diesem Skandal zu ziehen. Ein Skandal, der aus vielen Skandalen besteht. Im folgenden sollen noch ein paar Punkte herausgestellt werden, die allein meine Meinung wiederspiegeln:
1) Es dürfte jedem klar sein, dass der Denic im Vorwege bekannt war, dass es sich bei der Vergabe der neuen Kurz-Domains um eine sehr begrenzte Anzahl von wertvollen Wirtschaftsgütern handelt. Und dennoch oder vielleicht gerade deshalb (?!) wurde ein derartig unfaires und untransparentes Vergabe-System innerhalb von wenigen Tagen durchgeführt.
2) Der Markt für die neuen Domains besteht nicht nur aus den 274 Denic-Mitgliedern, sondern letztendlich aus allen möglichen Nutzern der neuen Domains. Entweder ist das der Denic nicht bewusst oder es wurde bewusst keine Rücksicht darauf genommen und ein derartiges Vergabe-System durchgeführt. Hier liegt meiner Meinung nach der eigentliche Skandal. Es kann nicht sein, dass die Denic als zentrale und alleinige Vergabestelle der neuen Domains eine Vergabe durchführt, die für den Großteil des Marktes nicht erreichbar ist. Letztendlich konnten fast nur Denic-Mitglieder, Provider und Domainer mit entsprechenden Kontakten von den neuen Domains profitieren. Diese stellen aber den kleinsten Marktteil dar. Neben der Pool-Bildung ist diese Marktbarriere der zweite Bereich der vom Bundeskartellamt untersucht werden muss und zu Konsequenzen führen muss. Im heise-Beitrag wird dieses in dem folgenden Absatz deutlich: "Ob es am Ende eine kartellrechtliche Handhabe gegen einzelne Domaininhaber gebe, bedürfe einer genauen Prüfung, sagt Jurist Bettinger. Wenn nachweisbar sei, dass das Verfahren dazu geführt habe, dass sich vor allem DeNIC-Mitglieder oder Domainspekulanten durch das Verfahren bereichert hätten und der "normale Nutzer" von vornherein chancenlos gewesen sei, sei das zu überlegen.".
3) Die Denic vergibt die neuen Domains im Rahmen des durchgeführten Vergabeverfahrens an ihre Denic-Mitglieder. Im Vorfeld war bereits zu erkennen und das Ergebnis erbringt den Beweis dafür, dass die wertvollen Domains insbesondere nicht für die Kunden der Denic-Mitglieder und Provider registriert worden sind, sondern für sie selbst. Ein weiterer Skandal ist dabei, dass die Domains erst einmal auf die Denic-Mitglieder registriert wurden. Spätestens nach der Vergabe war jedem klar, wie wertvoll die Domains sind und eine Weitergabe an die Kunden ist aufgrund des Vergabeverfahrens weder gewollt noch notwendig gewesen. Die öffentlich gewordenen Streitereien im Anschluss der Vergabe zwischen einigen Kunden und ihren Registraren zeigt hier die Spitze des Eisbergs. Aufgrund des intransparenten Systems lässt sich zur Zeit nicht überprüfen, wie gross dieser Skandal ist. Nicht wenige Kunden haben im Vorwege erfolgsunabhängigen Gebühren für die Vormerkung von neuen Domains zugestimmt. Der Anreiz der neuen Domaininhaber in diesem Fall ist klar: die Gebühren einbehalten genauso wie die neuen Domains, um sie später erneut zu verkaufen. Ob dieses in vielen Fällen so gelaufen ist, lässt sich zur Zeit nicht feststellen, aber es dürfte jedem klar sein, dass der Anreiz dafür sehr gross ist.
4) Im Vorwege waren bereits viele Probleme erkennbar und die Vergabe hätte abgesagt und komplett überdacht werden müssen. Kunden hatten bereits im Vorwege massive Probleme sich gewünschte Domains vormerken zu lassen. Für die Kunden ergaben sich insbesondere folgende Barrieren:
- 1. Einige Denic-Mitglieder und Provider haben an der Vergabe bzw. Weitergabe der Domains an Kunden erst gar nicht teilgenommen. Dafür gab es unterschiedliche Gründe.
- 2. Den Kunden wurde teilweise die Vormerkung "verweigert" mit dem Hinweis, dass die betreffende Domain/betreffenden Domains bereits durch andere Mitglieder vorgemerkt sei/seien. Dieses ist bereits systembedingt der Fall und allein aus diesem Grund hätte eine derartige Vergabe nicht stattfinden dürfen.
- 3. Kunden wurde teilweise die Vormerkung "verweigert", wenn sie nicht bereits vorher Kunde gewesen sind sprich keine Vormerkung für Neukunden.
- 4. Es wurden von den Kunden teilweise hohe Gebühren für die Vormerkung abverlangt und/oder sogar erfolgsunabhängige Gebühren fällig.
- 5. Es bestand de facto überhaupt kein Anreiz für die Registrare die neuen Domains an ihre Kunden weiterzugeben.
Bereits diese aufgeführten Barrieren, die im Vorwege abzusehen waren, führten dazu, dass die Verteilung der neuen Domains komplett am Markt vorbei erfolgte.
5) Es wird von einigen Seiten Lob und Respekt für die "ausserordentliche Leistung" der neuen Domain-Inhaber laut, teilweise mit dem Hinweise wie viel Arbeit, Manpower und Gerissenheit investiert worden sind und dass es nun lediglich um Neid seitens derjenigen ginge, die leer ausgegangen sind. Es ist schon erschreckend wie hier die Ausnutzung eines unfairen und intransparenten Systems verehrt wird, bei dem insbesondere eine kleine Gruppe von "Insidern" den Zuschlag erhalten hat. Es gibt viele Machenschafften auf dieser Welt, die mit viel Arbeit, Manpower und Gerisssenheit durchgeführt werden und dennoch hochgrandig abzulehnen sind. Dieses ist nun wirklich kein Argument für die Verehrung einer falschen Sache.
21.05.2010: Dieser Beitrag wurde aus meinem alten Blog RATSE übernommen.
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